Die Stadt Hadamar traut sich seit rund einem Jahr etwas, vor dem manch größere Kommune in diesem Umfang zurückschreckt: Mit Peter Martin-Pietsch und Isabell Meudt-Hofmann kümmern sich zwei hauptamtliche Kräfte mit zusammen 1,5 Stellen um das Stadtmarketing.
Falls jemand zweifelt, ob eine Stadt mit knapp 13.000 Einwohnern damit so engagiert vorpreschen muss, kann Martin-Pietsch diese Einwände schnell zerstreuen. "Die städtische Webseite überarbeitet mit Blickpunkt auf besseren Bürgerservice, die Erstellung eines Social-Media-Konzepts und Aufbau von Präsenzen bei Facebook, Youtube und Instagram, ein neues Design für fast alle Werbemittel, ein digitaler Gewerbeflächenplan, neue öffentliche W-Lan-Zugänge und neue Werbetafeln für die Ortseingänge", zählt er Schwerpunkte der vergangenen Monate auf. "Dazu kommen verschiedene längerfristige Projekte, die wir vorbereiten", ergänzt Meudt-Hofmann und führt die Aufzählung fort: "Ein neues Konzept für das Stadtmuseum, die Entwicklung einer Bürger-App und die Vorbereitung der 700-Jahr-Feier der Stadtrechteverleihung im Jahr 2024." Außerdem ist das Tagesgeschäft zu absolvieren, wie die Pressearbeit, die die Stadt erstmals strukturiert betreibt, die Kommunikation mit ansiedlungswilligen Unternehmen oder auch einzelne Vorhaben wie das Stadtradeln oder eine Blühwiesen-Mitmachaktion für die Einwohner.
Bessere Kommunikation, auch zwischen den Bürgern
Über einen Mangel an Aufgaben brauchen sich die beiden Marketingexperten also nicht zu beschweren. Neben den ganz konkreten Projekten verstehen sie aber auch die Atmosphäre und den Zusammenhalt der Einwohnerschaft insgesamt als ihr Arbeitsfeld. Dabei hilft Peter Martin-Pietsch, dass er aus Elz stammt, inzwischen aber in Hadamar lebt. "Ich habe aus der Perspektive von außen erkennen können, dass Hadamar viel zu bieten hat, es zugleich aber manchmal an der Kommunikation zwischen den verschiedenen Gruppen mangelt", sagt er.
Mit seiner Mission trifft er zumindest im Prinzip auf offene Türen. "Bei den Kollegen im Rathaus aber auch bei vielen Bürgern ist ein großes Verständnis dafür da, dass Stadtmarketing ein wichtiges Thema ist und auch immer wichtiger wird", berichtet er. Auf eine ablehnende Haltung sei er praktisch nirgendwo gestoßen. "Viele Menschen teilen die Auffassung, dass Hadamar mehr kann und seine Fähigkeiten stärker aktivieren muss", ergänzt Meudt-Hofmann.
An Ideen mangelt es nicht. Fast täglich wird das Stadtmarketing-Team aus Verwaltung, Stadtpolitik und Bürgerschaft mit Vorschlägen angesprochen, so dass eher die begrenzten Kapazitäten als fehlende Ansatzpunkte das Problem ist. Denn zu den guten Ideen werden auch Menschen gebraucht, die an der Umsetzung mitwirken. Die komplette Arbeit können Stadtmarketing und Stadtverwaltung schließlich nicht alleine übernehmen.
"Langsam kommen Dinge in Bewegung"
Martin-Pietsch ist in dieser Hinsicht aber optimistisch. "Langsam merkt man, dass Dinge in Bewegung kommen", sagt er. Ein Positivbeispiel ist das Stadtradeln, an dem sich mitten in der Corona-Zeit mehr Bürger als sportliche Teilnehmer und mehr Unternehmen als Sponsoren beteiligt haben, als er anfangs erwartet hatte. Es komme bei vielen Aktionen darauf an, sie zunächst ausreichend zu bewerben, bevor sie zu Selbstläufern werden. Isabell Meudt-Hofmann verweist auf die neu ins Leben gerufenen "Stadtführungen für jedermann". "Auch von jungen Leuten werden die gut angenommen", sagt sie.
Auf eine positive Grundhaltung ist Martin-Pietsch auch bei seinem Auftakt in der Stadtverwaltung gestoßen. "Zum Beginn meiner Arbeit war mir klar, dass die Stadt eine moderne Homepage und Social-Media-Auftritte braucht", erinnert er sich. "Ich habe dann festgestellt, dass die Arbeiten an einer hochwertigen Homepage bereits in vollem Gange waren und dass viele Kollegen im Rathaus Social Media ebenfalls als sinnvoll ansehen und nur Kapazitäten und Detailwissen fehlten, wie man so etwas angeht."
Inzwischen steht die moderne Homepage zur Verfügung, auf Facebook hat die Stadtverwaltung knapp 1600 Abonnenten und auf Instagram etwas mehr als 1000 – Tendenz steigend. Das ermöglicht die Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen: über Instagram junge Leute, über gedruckte Publikationen die ältere Zielgruppe und per Facebook das breite Publikum.
Unter den strategischen Projekten stand in den vergangenen Wochen das Stadtmuseum im Fokus. Die Politik hat Geld bewilligt, um dieses bis zum Jahr 2024 neu zu gestalten. Umsetzen lässt sich das Vorhaben aber nur mit zusätzlicher Förderung. Deshalb galt es, weitere Finanzquellen zu identifizieren und die mitunter komplizierten Förderanträge rechtzeitig zu schreiben.
Per App kommt die Stadt aufs Handy
Die Entwicklung einer App für Smartphones, die Bürgern die Kommunikation mit der Verwaltung erleichtern soll, läuft derzeit mit der Formulierung eines Anforderungskatalogs an. Darüber hinaus werden auch althergebrachte Kommunikationsmittel nicht vergessen, wie in naher Zukunft die Neuauflage der Hadamarer Neubürgerbroschüre und einer Wanderkarte. Dazu kommen viele kleinere Vorhaben, beispielsweise ein Tourismusschild an der Bundesstraße 54 oder eine Hinweistafel am Rosengarten, die Besuchern Lust machen sollen, auch das Stadtzentrum zu besuchen. In beiden Fällen wurden damit Vorschläge von Bürgern aufgegriffen, die nicht nur sinnvoll, sondern auch umsetzbar sind.
Für andere Aufgaben, die bereits identifiziert sind, suchen die beiden Marketing-Fachleute noch die richtige Lösung: Wie kann man beispielsweise Radfahrer auf dem Radfernweg R8 dazu motivieren, im Stadtgebiet Station zu machen? Wie lassen sich die verschiedenen Anlaufpunkte in der Stadt optimal vernetzen, so dass Touristen einen abwechslungsreichen Nachmittag in Hadamar verbringen können? Mit welchen Strategien lassen sich auch die Einwohner stärker motivieren, in ihrer Heimatstadt etwas zu unternehmen und sie zu beleben?
Wieder mehr miteinander reden
Und dann gibt es noch ein Anliegen, dem das Stadtmarketing-Team praktisch überall in seiner Arbeit begegnet. "Das ist aber ein gesamtgesellschaftliches Thema, nicht nur in Hadamar und gerade mit den neuen Kommunikationsmitteln: Die Leute reden zu viel übereinander und zu wenig miteinander, versuchen zu sehr, ihre Meinung durchzusetzen, und zu wenig, Kompromisse zu finden", sagt Martin-Pietsch. Zwar macht er sich keine Illusionen, diese Entwicklung umkehren zu können, aber er sieht erste positive Anzeichen, etwa wenn in der Online-Kommunikation Diskussionsteilnehmer auch positive Argumente entgegensetzen und zwischen verschiedenen Seiten zu vermitteln versuchen. Eine solche konstruktive Haltung wünscht er sich noch häufiger: „Tendenziell äußern sich natürlich immer eher die Unzufriedenen, was nicht selten ein zum Negativen hin verzerrtes Bild erzeugt. Bei vielen Diskussionen bin ich mir sicher, dass die große Mehrheit, die die Dinge zwar deutlich positiver sieht, sich aber mit Äußerungen zurückhält. Meckern scheint uns irgendwie leichter zu fallen als Loben.“
Das Stadtmarketing-Team in Hadamar bleibt jedenfalls motiviert. "Man kann jeden Tag etwas bewegen, das die Gemeinschaft in der Stadt voranbringt, und man kann eigene Ideen einbringen und etwas gestalten", beschreibt Peter Martin-Pietsch diese Motivation. Nun gehe es darum, noch mehr Menschen zum konstruktiven Mitgestalten zu motivieren.